Die endokrine Chirurgie beschäftigt sich mit den Hormon bildenden Drüsen des Körpers. Dies sind für die Viszeralchirurgie die Schilddrüse, die Nebenschilddrüsen, die Bauchspeicheldrüse und die Nebennieren. Erkrankungen an diesen Organen sind glücklicherweise vornehmlich gutartige Geschwulste, die aber über eine vermehrte Produktion der entsprechenden Hormone zu einer oftmals erheblichen Erkrankung führen können.
Ein besonderer Schwerpunkt des Klinik für Endokrine Chirurgie am Marienkrankenhaus Kassel liegt in der Operation der Schilddrüse sämtlicher Schweregrade. Zur Überwachung kommt ein Gerät zum Aufzeichnen und Erkennen der Stimmbandnerven – Nervus rekurrens – zur Anwendung. Dadurch soll den Patientinnen und Patienten auch nach der Operation ihre Stimme erhalten bleiben.
Wir sind spezialisiert auf:
- Schilddrüsenchirurgie
- Chirurgie der Nebenschilddrüsen
- minimal-invasive Nebennierenchirurgie
- Thermoablation
Von Fachgesellschaften zum Kompetenzzentrum für Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie zertifiziert.
Die Klinik für Endokrine Chirurgie am Marienkrankenhaus Kassel ist von der der Deutschen Gesellschaft für Allgemein-und Viszeralchirurgie (DGAV) sowie der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Endokrinologie (CAEK) zum Kompetenzzentrum für Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie zertifiziert worden.
Das Zertifikat steht für die hohe Qualität der chirurgischen Versorgung von Patientinnen und Patienten an unserem Zentrum.
Priv.-Doz. Dr. med. Wulf Hamelmann
Chefarzt Klinik für Endokrine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie
Weiterführende Informationen:
Schilddrüse, Nebenschilddrüse
Operation der Schilddrüse
Der häufigste Grund für eine Operation der Schilddrüse ist deren Vergrößerung, seltenere Indikationen stellen die Schilddrüsenüberfunktion oder Tumore dar. Eine Reihe von Ursachen sind für die Schilddrüsenvergrößerung – Struma – bekannt, wobei in Deutschland der Jodmangel die wichtigste Ursache ist. Es ist die erforderliche tägliche Jodaufnahme bei durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten nicht gewährleistet, und eine gezielte, zusätzliche Jodbeimengung zu den Mahlzeiten findet für gewöhnlich nicht ausreichend statt.
Jod besitzt eine entscheidende Funktion im Regelkreislauf der Schilddrüsenfunktion und ein über Jahre bestehender Mangel führt über eine zunächst diffuse zu einer dann knotigen Vergrößerung der Schilddrüse. Diese beeinträchtigt zwar meistens die Funktion der Schilddrüse nicht, kann jedoch auch zu Schilddrüsenüber- oder unterfunktion führen oder gar eine Unterscheidung zu bösartigen Tumoren bilden. Die folgenden Symptome stellen Gründe für eine Operation der Schilddrüse dar:
- Vergrößerung der Schilddrüse mit Beeinträchtigung benachbarter Organe, z. B. der Luftröhre
- Knotige Schilddrüsenvergrößerung mit mechanischer Beeinträchtigung z. B. beim Schlucken
- Entstehung von Arealen in der Schilddrüse, die übermäßige Mengen von Schilddrüsenhormon produzieren und somit zur Überfunktion führen (Adenome=heiße Knoten)
- kosmetische Beeinträchtigung
- Verdacht auf einen bösartigen Schilddrüsentumor (oft als kalte Knoten)
- Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen (Morbus Basedow)
- Schmerzhafte Entzündungen der Schilddrüse
Vor einer Operation an der Schilddrüse sollte grundsätzlich eine Ultraschalluntersuchung zur Größenbestimmung, eine Schilddrüsenszintigrafie zur Funktionsüberprüfung und eine Bestimmung der Schilddrüsenhormone durchgeführt werden. Hierdurch kann eine möglicherweise vorliegende Über- oder Unterfunktion festgestellt und gegebenenfalls vorher entsprechend therapiert werden. Eine Kehlkopfspiegelung, die beim niedergelassenen Facharzt für HNO durchgeführt werden kann, kann der Kontrolle der Stimmbandnerven dienen.
Die Operationsform bei Schilddrüsenvergrößerungen hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Durch die Einführung des Neuromonitoring kann man nun relativ gefahrlos auch weiter hinten direkt am Stimmbandnerv gelegene Knoten entfernen, so dass insgesamt eine etwas radikalere Vorgehensweise unter sicherer Entfernung aller krankhaften Veränderungen bevorzugt wird.
Komplikationen, die sich nach einer Schilddrüsenoperation entwickeln können, bestehen im Wesentlichen aus der Nachblutung, der Verletzung der Stimmbandnerven oder der Verletzung benachbarter Strukturen, hier vor allem der Nebenschilddrüsen. Eine postoperative Schilddrüsenunterfunktion kann als Folge der Operation entstehen, wenn soviel krankhaftes Gewebe entfernt werden muss, dass der verbleibende Schilddrüsenrest nicht mehr zu einer Aufrechterhaltung der Hormonproduktion genügt. In diesem Fall muss eine Substitutionstherapie eingeleitet werden.
Alle Operationen an der Schilddrüse werden in unserer Klinik täglich mehrfach und routinemäßig durchgeführt. Zusätzlich steht bei jeder Operation an der Schilddrüse ein spezielles Gerät zur Verfügung, mit dessen Hilfe der Stimmbandnerv während der Operation identifiziert und geschont werden kann (Neuromonitoring). Seit Einsatz dieses Nervenstimulators konnte die Gefahr einer intraoperativen Nervenverletzung auf unter 0,5 Prozent reduziert werden.
Nach sterilem Abwaschen der Halsregion wird das Operationsgebiet mit sterilen Tüchern umlegt. Über einen Hautschnitt circa zwei Zentimeter oberhalb des Schlüsselbeines am Hals wird die Schilddrüse freigelegt. Die Länge des Schnittes hängt von der Größe der Schilddrüse ab und kann deshalb unterschiedlich ausfallen. Nach entsprechender Freilegung wird alles krankhaft veränderte Gewebe
entfernt. Während der Operation wird die Funktion beider Stimmbandnerven ständig überprüft. Vor Verschluss der Wunde werden manchmal ein bis zwei Drainagen eingebracht, die einerseits Wundsekret drainieren, andererseits eine Nachblutung erkennen lassen. Mit einer kosmetischen Klebung der Haut wird der Eingriff beendet. Das entnommene Schilddrüsengewebe wird zur feingeweblichen Untersuchung in die Pathologie geschickt.
Zur Behandlung gutartiger Schilddrüsenknoten z. B. Zysten oder autonome Adenome steht in unserer Klinik auch ein thermoablatives Verfahren zur Verfügung, die Radiofrequenzablation.
Hierzu wird unter Ultraschallkontrolle die Spitze einer Sonde in den Knoten platziert. Hierüber wird Strom abgegeben und so Wärme erzeugt, welche zur gewünschten, lokalen Zerstörung des Gewebes führt. Dieses nicht-operative Verfahren kann über einen kleinen Schnitt durchgeführt werden. Eine Vollnarkose ist in der Regel nicht erforderlich.
Am ambulanten, prästationären Tag – danach darf der Patient wieder nach Hause – erfolgen neben den Aufnahmeformalien für gewöhnlich eine Blutentnahme, es wird ein EKG und ggf. eine Röntgenaufnahme der Lunge angefertigt und es erfolgen die Aufklärungsgespräche über die Art der Operation und der Narkose. In den meisten Fällen wird am Folgetag die Operation durchgeführt. Im Anschluss kommt der Patient zurück auf die Station, vorausgesetzt es liegen keine Zusatzerkrankungen vor, die einen Intensivstationsaufenthalt nötig machen. Die möglicherweise eingebrachten Drainagen werden für gewöhnlich am ersten postoperativen Tag entfernt. Sollten sich danach keine unerwarteten Probleme einstellen, kann der Patient die Klinik am Folgetag verlassen.
Die weitere Nachsorge geschieht durch den Hausarzt und sollte neben einer angemessenen Rezidivprophylaxe – Jod-Einnahme – nach circa sechs Wochen eine Szintigrafie zur Bestimmung der Schilddrüsenfunktion beinhalten. Liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor, muss mit einem Hormonpräparat die Funktion der Schilddrüse unterstützt werden.
Die Dauer der Krankmeldung bei einer Schilddrüsenoperation beträgt normalerweise zwischen zwei und drei Wochen.
Operation der Nebenschilddrüse
Die Nebenschilddrüse hat ihren Namen aufgrund ihrer Lage an der Hinter- bzw. Seitenwand der Schilddrüse. Der Mensch hat im Regelfall vier Nebenschilddrüsen, die im Wesentlichen für den Kalziumhaushalt des Körpers und damit vor allem für den Knochenstoffwechsel verantwortlich sind. Im Gegensatz zur Schilddrüse ergibt sich die Notwendigkeit einer Operation der Nebenschilddrüse hauptsächlich aufgrund einer krankhaft veränderten Funktion. Die Nebenschilddrüsenüberfunktion, auch Hyperparathyreoidismus genannt, führt daher neben Störungen des Knochenwachstums unter anderem zu Nierenerkrankungen, Magengeschwüren und Gallenblasensteinen. Versagt die konservative, medikamentöse Therapie, so muss eine operative Reduktion des Nebenschilddrüsengewebes erzielt werden.
Prinzipiell gibt es drei mögliche Ursachen für eine Nebenschilddrüsenüberfunktion:
- Bei der primären Form entziehen sich eines oder mehrere Nebenschilddrüsenkörperchen der Kontrolle des Körpers und produzieren zu hohe Mengen des Nebenschilddrüsenhormons
- Bei der sekundären Form führt eine Erkrankung der Nieren zu einer reaktiven Überproduktion des Nebenschilddrüsenhormons
- In sehr seltenen Fällen kann ein bösartiger Nebenschilddrüsentumor zu einer Überfunktion führen.
Da die Nebenschilddrüsenkörperchen sehr klein sind und in ihrer Lage sehr variieren können, sollte vor jeder Operation eine Lokalisationsdiagnostik durchgeführt werden. Diese beinhaltet neben einem Ultraschall eine besondere Nebenschilddrüsenszintigrafie. Zudem werden alle Schilddrüsenuntersuchungen durchgeführt, da im Fall einer Schilddrüsenerkrankung diese in der gleichen Operation saniert werden sollte.
Prinzipiell bedürfen Operationen an der Nebenschilddrüse einer besonderen Erfahrung und sollten nur an Kliniken operiert werden, die entsprechende Kenntnisse im Umgang mit diesem Krankheitsbild besitzen.
Generell ist das Ziel einer Operation eine Reduktion des Nebenschilddrüsengewebes zu erzielen die in einer Normalisierung des Hormonspiegels mündet, ohne dass eine Nebenschilddrüsenunterfunktion entsteht. Die Schwierigkeit hierbei liegt darin, nicht zu viel und nicht zu wenig zu entfernen.
Im Falle der primären Überfunktion gilt es daher, die der Regulation entzogenen Nebenschilddrüsen während der Operation sicher zu identifizieren und zu entfernen. Die übrigen Nebenschilddrüsenkörperchen werden belassen. Bei der sekundären Erkrankungsform sind alle vier Drüsen in gleichem Maße an der Entstehung der Überfunktion beteiligt, sodass die operative Strategie hier eine andere sein muss. Hier werden alle Nebenschilddrüsenkörperchen entfernt und ein gewisser Anteil des Gewebes, der zur Aufrechterhaltung der Funktion ausreichend ist, wieder eingepflanzt. Dies geschieht meist am Unterarm, damit im Falle der Wiederkehr der Erkrankung nicht erneut am Hals operiert werden muss. Alternativ kann auch ein kleiner Rest einer Nebenschilddrüse belassen werden.
Beide Operationen werden an unserer Klinik von erfahrenen Operateuren durchgeführt und es steht zusätzlich ein Gerät zur Verfügung, mit dem schon während der Operation der Spiegel des Nebenschilddrüsenhormons gemessen werden kann, um den Operationserfolg schon während des Eingriffs zu sichern. Dies gewährleistet eine maximale Sicherheit für die Patienten. Der im Absatz „Schilddrüse“ erwähnte Nervenstimulator wird routinemäßig bei jeder Operation der Nebenschilddrüsen eingesetzt.
Vorbereitung, Hautschnitt und Präparation erfolgen im Wesentlichen wie im Absatz „Schilddrüse“ beschrieben. Bei beiden Erkrankungsformen werden im Folgenden zunächst alle Nebenschilddrüsenkörperchen identifiziert und krankhaft verändertes Gewebe entfernt. Dieses wird zur feingeweblichen Untersuchung geschickt. Ist bereits vor der Operation durch die Szintigraphie und die Ultraschalluntersuchung eine genaue Lage der veränderten Nebenschilddrüse bekannt, so kann auch eine „minimal invasive“ Operationstechnik angewendet werden. Dies bedeutet für den Patienten eine verkürzte Operationsdauer und einen kleineren Hautschnitt am Hals.
Im Falle einer sekundären Überfunktion wird im Anschluss ein Teil des entnommenen Gewebes in den Unterarm implantiert. Dazu wird am rückwärtigen Unterarm ein kleiner Schnitt angelegt und die Partikel in eine Muskeltasche eingebracht. Während der Operation wird die Intaktheit der Stimmbandnerven ständig überprüft und zudem in bestimmten Abständen der Nebenschilddrüsenhormonspiegel kontrolliert, um postoperative Unterfunktion zu vermeiden.
Bei Operationen wegen einer sekundären Überfunktion wird ein Teil des entnommenen Gewebes eingefroren und in einer Gewebebank gelagert. So besteht die Möglichkeit im Falle einer postoperativ auftretenden Unterfunktion patienteneigenes Gewebe zur erneuten Implantation zu verwenden. Komplikationen, die sich als Folge dieses Eingriffes ergeben können, entsprechen denen bei Schilddrüsenoperationen. Darüber hinaus besteht trotz aller Vorsichtsmaßnahmen die Gefahr einer postoperativen Unterfunktion der Nebenschilddrüse.
Mit Ausnahme der etwas anders gearteten Vorbereitungen entspricht der stationäre Aufenthalt im wesentlichen den im Abschnitt „Schilddrüse“ beschriebenen Gegebenheiten wie oben beschrieben. Die Nachsorge von Patienten mit Nebenschilddrüsenerkrankungen sollte durch einen Endokrinologen erfolgen und umfasst insbesondere die regelmäßige Kontrolle der Nebenschilddrüsenhormone und des Blutkalziumspiegels.
Nebenniere
Minimal-invasive Nebennierenchirurgie
Die Nebenniere ist eine hormonproduzierende Drüse und liegt auf oder an den Nieren. Sie wird in Nebennierenrinde und -mark eingeteilt. Viele Erkrankungen der Nebenniere sind durch gutartige hormonbildende Tumore verursacht. Durch deren Entfernung können Patientinnen und Patienten in der Regel vollständig geheilt werden. Aber auch bösartige Tumore der Nebenniere kommen vor und stellen eine Indikation für eine Operation dar.
Operation
Ein weniger als sieben Zentimeter großer gutartiger Nebennierentumor kann heute mit einem minimal-invasiven Verfahren entfernt werden. Hierzu werden vier kleine Schnitte an der Bauchhaut oder direkt über der Nebenniere am Rücken gesetzt und der Eingriff laparaskopisch durchgeführt. Im Fall sehr großer und bösartiger Tumore ist allerdings noch die offene Operation das Standardverfahren.
Unser Team
Priv.-Doz. Dr. med. Wulf Hamelmann
Chefarzt Klinik für Endokrine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie
Verena Hüsemann
Funktionsoberärztin Klinik für Endokrine Chirurgie
Fachärztin für Chirurgie
George-Ovidiu Nicolaina
Oberarzt Klinik für Endokrine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie
Enes Ramovic
Chirurgisch-technischer Assistent
Klinik für Endokrine Chirurgie