Ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule (zervikaler Bandscheibenvorfall) ist eine Erkrankung, die zwar seltener ist als ein Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule, aber insgesamt eine ansteigende Tendenz aufweist. Bedingt ist das durch die veränderte Lebensweise wie zunehmend häufige Autofahrten, langes Sitzen vorm PC und steigende Belastungen im beruflichen Umfeld.
Der grundsätzliche Aufbau der Bandscheiben entspricht dem im Bereich der LWS: die Bandscheibe besteht aus einem festen knorpelartigen Ring und weichen Kern. Durch ein hervortreten des Kerns durch den Faserring kommt es zum Bandscheibenvorfall. Dieser kann im Bereich der Halswirbelsäule aber nicht nur einzelne Spinalnerven sondern auch das gesamte Rückenmark komprimieren. Der entstehende Druck führt zu einem Funktionsverlust des Nerven, der sich zunächst durch in einen Arm ausstrahlende Schmerzen zeigt, ggf. treten auch in Gefühlsstörungen bis zum Taubheitsgefühl und/oder eine Muskelschwäche (Parese) auf.
Bedingt durch die Kompression des Rückenmarks können auch weitere Beschwerden auftreten: Kopfschmerzen oder Schwindel sind typische Beschwerden. Häufig plagen sich die Patienten über Jahre hinweg mit Kopfschmerzen oder mit Schwindelsymptomatik ohne dass die Halswirbelsäule untersucht wird. Bei großen und unbehandelten Bandscheibenvorfällen mit ausgeprägter Kompression des Rückenmarks kann es im Verlauf zu Gefühls- und Bewegungsstörungen auch im Bereich der unteren Extremitäten (Beine) kommen. Dieses Krankheitsbild bezeichnet man als Myelopathie. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, da im schlimmsten Fall ein Querschnittsyndrom entstehen kann.
Neben der Erhebung der Krankengeschichte und präzisen Schilderung der Beschwerden durch die Betroffenen führen die Ergebnisse der klinisch-neurologischen Untersuchung mit Testung einzelner Muskelgruppen, Untersuchung der Reflexe und zusätzliche radiologische Bilder zur Sicherung der Diagnose. Ein normales Röntgenbild mit ggf. auch einem Röntgenbild in Bewegung (sog. Funktionsaufnahme) hilft bei Planung einer etwaigen Operation, ist für die Diagnostik eines Bandscheibenvorfalls aber nicht ausreichend, da im Röntgenbild die Bandscheiben und Nerven nicht dargestellt werden können.
Therapeutisch kommen regelhaft zunächst konservative Verfahren infrage. Dabei wird milde Physiotherapie mit Einnahme von Schmerzmitteln und körperlicher Schonung angewandt. Risikofaktoren wie Haltungskonstanz beispielsweise durch längere sitzende Tätigkeiten am PC oder lange Autofahrten sollen vermieden werden. Die Therapie dauert mehrere Wochen, da sich die plötzlich eingesetzt habenden Beschwerden nur langsam reduzieren. Zeigt sich eine ggf. langsame aber doch kontinuierliche Besserung der Schmerzen ohne, dass zusätzliche Symptome wie Gefühlsstörungen oder eine Muskelschwäche auftreten, kann mit der konservativen Therapie eine anhaltende Besserung erzielt werden.
In bestimmten Fällen kommen zusätzliche interventionelle Verfahren wie gezielte Infiltrationen in Betracht. Starke Manipulationen wie Einrenken, am Kopf ziehen und medizinische Massagen der Halswirbelsäule sind ungeeignete Methoden und können das Beschwerdebild noch verschlechtert.
Bei ausbleibender oder nicht ausreichender Besserung der Beschwerden durch die konservative Therapie kommen operative Maßnahmen in Betracht. Die gezielte mikrochirurgische Versorgung über einen kleinen Hautschnitt ist das etablierte Standardverfahren: wegen anatomischer Gegebenheiten wird die Operation überwiegend von der Vorderseite des Halses durchgeführt. Die Haut wird eröffnet, es erfolgt eine stumpfe und blutfreie Präparation in einer Muskellücke bis nach etwa 4cm die Halswirbelsäule erreicht wird. Die richtige Bandscheibe wird mittels Röntgen sicher identifiziert und entfernt. Dahinter kann nach der Eröffnung eines Bandes der Bandscheibenvorfall mit Mikroinstrumenten entfernt werden. Rückenmark und die abgehenden Nervenwurzeln werden entlastet und so die Ursache der Beschwerden beseitigt. In den durch die Entfernung der Bandscheibe nun freigewordenen Zwischenwirbelraum wird anschließend ein Implantat eingesetzt. Dabei kommen regelhaft zwei unterschiedliche Verfahren zur Anwendung:
Platzhaltermethode – Anteriore cervikale Diskektomie und Fusion (ACDF)
Diese Methode wird seit Jahrzehnten angewandt. In den Zwischenwirbelraum (ZWR) wird ein Platzhalter (Cage) eingesetzt. Während früher Knochenzement oder vom Beckenkamm der Patienten entkommener Knochen verwendet wurde, kommen diese Methoden heute nur noch in absoluten Ausnahmen zur Anwendung. Aktuell werden industriell vorgefertigte Platzhalter aus Titan oder Kunststoff (PEEK=Poly-Ether-Ether-Keton) verwendet. Die Platzhaltermethode ist erprobt, führt im behandelten Segment allerdings zu einer Fusion der beiden Wirbelkörper und ist mit einer Reduktion der Beweglichkeit assoziiert.
Implantation einer Bandscheibenprothese
Die neuere Methode ist die Implantation einer Bandscheibenprothese. Diese stellt nach der Implantation die Beweglichkeit in dem operierten Segment wieder her. Das führt zu keiner zusätzlichen Belastung der Anschlusssegmente. Während auf dem Markt eine Vielzahl von Implantaten angeboten wird, greifen wir ausschließlich auf Produkte mit über zehnjähriger Erfahrung zurück, für die es eine stuedienbasierte Evidenz gibt. Nur so können wir Ihnen mit guten Gewissen ein Qualitätsprodukt anbieten. Bedenken Sie aber, dass eine künstliche Bandscheibe nie zu 100 Prozent die natürliche Bandscheibe ersetzen kann, auch wenn dies durch die Industrie häufig versprochen wird.
Nach der Operation dürfen die Patienten den Kopf normal bewegen. Schwere körperliche Belastung sollte vermieden werden. Eine Halskrause muss nicht getragen werden. Nach sechs Wochen erfolgt eine Kontrolle. Danach ist die Aufnahme von körperlichen Tätigkeiten möglich.
Für die Implantation von Bandscheibenprothesen sind wir Referenzzentrum.