Erkrankungen der Lendenwirbelsäule sind weit verbreitet und treten häufig auf. Hierfür gibt es mehrere Ursachen: zu hohe berufliche und private Belastung, mangelnde oder falsche Bewegung sowie Übergewicht begünstigen diese Erkrankungen. Mit konservativen Behandlungen lassen sich die meisten Beschwerden gut behandeln. Eine Operation ist selten notwendig.
Ein Bandscheibenvorfall (BSV) im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) ist eine häufige Erkrankung. Während grundsätzlich Bandscheibenvorfälle in jedem Alter auftreten können, sind Patienten im mittleren Erwachsenenalter am häufigsten betroffen. Ursächlich ist ein hervortreten des inneren Kerns der Bandscheibe durch den äußeren Faserring (vgl. Abbildung) und konsekutiver Kompression der Nervenwurzel. Meistens kommt es nach einer Bewegung oder unter Belastung zu Schmerzen, die innerhalb weniger Stunden bis Tage entstehen und typischerweise vom Rücken entlang einer bestimmten Schmerzstraße ins Bein ziehen. Hierbei sind sowohl die Bewegung wie auch das Stehen oder Sitzen durch die Schmerzen meist stark erschwert. Im schlimmsten Fall kommt es rasch zu Gefühlsstörungen der Haut wie Kribbeln oder Taubheit, zu einem Kraftverlust der Muskulatur im Bein im Sinne einer Lähmung oder sogar zu Störungen der Blasen- und oder Darmfunktion (Inkontinenz).
In bestimmten Fällen kommen zusätzliche interventionelle Verfahren wie gezielte Infiltrationen in Betracht. Starke Manipulationen wie Einrenken, am Kopf ziehen und medizinische Massagen der Halswirbelsäule sind ungeeignete Methoden und können das Beschwerdebild noch verschlechtert.
Nahezu 90 Prozent der lumbalen Bandscheibenvorfälle werden konservativ, also ohne Operation behandelt. Dabei spielen Schmerzmittel und Physiotherapie in Form spezieller Krankengymnastik eine entscheidende Rolle. Die Behandlung kann dabei mehrere Monate in Anspruch nehmen. Ein einheitlicher Behandlungsplan, welcher einheitlich auf alle Bandscheibenvorfälle angewendet werden kann, gibt es nicht. Vielmehr sind die individuellen Beschwerden und Ausfälle für die jeweilige Therapie maßgeblich.
Entstehen Lähmungen, Inkontinenz oder kommt es unter der konservativen Therapie zu keiner ausreichenden Besserung der Schmerzsymptomatik, kommen operative Maßnahmen zur Anwendung. In unserer Abteilung erfolgt die Behandlung stets evidenzbasiert, also auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Daten.
Bei der Operation spielt die mikrochirurgische, minimalinvasive Schlüssellochtechnik eine entscheidende Rolle. Eine nicht minimalinvasive Bandscheiben-Operation ohne Mikroskop ist heutzutage nicht vertretbar. Dabei bedarf es nicht nur eines Spezialmikroskops und spezieller Operationsinstrumente. Die Erfahrung des Operateurs und der im Umgang mit den Instrumenten sind wesentliche Faktoren für eine erfolgreichen Operation. Die mikrochirurgische Operationstechnik bedarf jahrelanger Übung, wie es beispielsweise in der neurochirurgischen Facharztausbildung verlangt wird.
Operationen werden mit einem geeigneten Mikroskop durchgeführt. Bei der OP werden nur wenige Muskelfasern abgelöst bis das sogenannte Fenster zwischen den Wirbelkörpern dargestellt ist. Nach Mobilisation des zwischen den Wirbelbögen aufgespannten Bandes werden Nervenwurzel und Duralschlauch dargstellt und der Bandscheibenvorfall vorsichtig entfernt. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose. Nach der Operation sind die Patienten entweder sofort deutlich schmerzgebessert oder sogar schmerzfrei. Die Patienten dürfen nach dem Eingriff sofort aufstehen, können sich frei bewegen, dürfen sitzen und in jeder Körperlage liegen. Bereits einen Tag nach der Operation beginnt man mit der Physiotherapie. Ein Korsett wird heutzutage nicht mehr getragen und ist sogar kontraindiziert, da es durch das Tragen eines Korsetts langfristig zu einem Abbau der stabilisierenden Rückenmuskulatur kommt.
Nach der OP absolvieren die Patienten eine ambulante oder stationäre Rehabilitation. Die Arbeitsfähigkeit wird nach etwa 4-6 Wochen nach der Operation wieder erreicht. Die Vorteile dieser Methode liegen auf der Hand: Geringes Risiko für Vernarbungen, schneller Behandlungserfolg, schnelle Mobilisation, schnelle Wiedereingliederung in das normale Leben.
Wichtig: Der Eingriff sollte ausschließlich durch einen auf die Mikrochirurgie spezialisierten Facharzt, dem das entsprechende Mikroinstrumentarium und hochwertiges Mikroskop zu Verfügung stehen, durchgeführt werden.