Reizdarm: Endlich die Ursache finden

Am Marienkrankenhaus Kassel werden mit neuester Technik Nahrungs­mit­tel­in­to­le­ranzen erkannt.

Chronisch auftre­tende Beschwerden wie Bauch­schmerzen, Verstopfung, Krämpfe, Blähungen, Übelkeit und Durch­fälle – darunter leiden in Deutschland etwa zehn Millionen Menschen. „Wenn alle anderen möglichen Ursachen ausge­schlossen sind, sprechen wir bei diesen Symptomen in der Regel von einem Reizdarm­syndrom“, sagt Dr. Gero Moog. Der Kasseler Gastro­en­te­rologe hat täglich mit Patienten zu tun, die unter diesen Beschwerden leiden. Dabei stellt der Arzt immer wieder fest, dass spezielle Unter­su­chungen wie Magen-Darmspie­gelung und das Testen auf Nahrungs­mit­tel­un­ver­träg­lich­keiten oft keine Klarheit bringen. Die Patienten fühlen sich dann oft mit ihren Beschwerden alleine gelassen.

Neue Unter­su­chungs­me­thode zur Unter­su­chung von Nahrungs­mit­tel­un­ver­träg­lich­keiten: Dr. med. Gero Moog und Frau Dr. med. Alp-Bastian (links) am Marienkrankenhaus Kassel während der Untersuchung.

Doch für viele dieser Reizdarm-Patienten könnte es jetzt eine Lösung für ihre Beschwerden geben: Laut Dr. Moog zeigen neuere Unter­su­chungen, dass bis zu 50 Prozent dieser Patienten eine atypische, nicht durch Immun­glo­bulin IgE vermit­telte Nahrungs­mit­tel­all­ergie haben könnten. Im Marienkrankenhaus in Kassel (MKH), in dem Dr. Moog die gastro­en­te­ro­lo­gische Klinik leitet und auch ambulant als Gastro­en­te­rologe tätig ist, kann diese Unver­träg­lichkeit jetzt mithilfe eines spezi­ellen Unter­su­chungs­ver­fahrens aufge­deckt werden: „Mit der confo­kalen Laser-Endomi­kro­skopie (CLE) ist es möglich, mit 1200-facher Vergrö­ßerung die Schleim­haut­zellen des Dünndarms zu betrachten und in Echtzeit Verän­de­rungen der Zellarchi­tektur nach Kontakt mit verschie­denen Nahrungs­mit­tel­all­er­genen zu sehen. Dabei kann nach Gabe eines fluores­zie­renden Wirkstoffes in die Blutbahn des Patienten die Schädigung von Zellwänden und Gefäßen beobachtet werden, was auch mit dem Begriff „leaky gut bezeichnet wird“, erklärt der Gastro­en­te­rologe die neue Unter­su­chungs­me­thode. Voraus­setzung dafür ist, dass beim betrof­fenen Patienten im Vorfeld andere Ursachen für die Beschwerden ausge­schlossen werden konnten und auch herkömm­liche Unter­su­chungen in Bezug auf Nahrungs­mit­tel­un­ver­träg­lich­keiten – etwa die auf Milch­zucker und/oder Frucht­zucker – kein Ergebnis brachten.

Vor dem Eingriff erhält der Patient laut Dr. Moog eine spezielle Diät, die drei Tage lang einge­halten werden muss. Während der Unter­su­chung, die unter einer Kurznarkose wie bei einer Magen-Darmspie­gelung statt­findet, wird das Endoskop in den Zwölf­finger- sowie den Dünndarm geschoben. Danach werden darüber verschiedene Lebens­mit­tel­all­ergene einge­bracht und hiernach mit der Endomi­kro­skopie die Schleim­haut­re­aktion beobachtet und dokumen­tiert. „Mit dieser Methode können wir jetzt genau beobachten, wie sich die Zellstruk­turen verhalten und dadurch Intole­ranzen direkt aufdecken“, sagt der Mediziner.  Die Ergeb­nisse dieser relativ neuen Unter­su­chungs­me­thode, die bislang in nur wenigen Zentren in Deutschland zur Verfügung steht, sind erstaunlich: Etwa 60 Prozent der getes­teten Reizdarm­pa­ti­enten weisen eine Nahrungs­mit­tel­un­ver­träg­lichkeit auf. Ihnen kann dann mithilfe einer entspre­chenden Diät geholfen werden. Doch nicht nur Intole­ranzen werden durch die CLE aufge­deckt – auch maligne Krebs-Zellen seien mit der Unter­su­chung erkennbar.

Hinter­grund:

Die gastro­en­te­ro­lo­gische Klinik am Marienkrankenhaus bietet modernste gastro­en­te­ro­lo­gische Diagnostik und Therapie an. Neben den üblichen Techniken wie Koloskopie und Gastro­skopie werden auch Verfahren wie die Gallen­gangs­en­do­skopie (Spy Glass), endoso­no­gra­fische Techniken, endosko­pische Resek­ti­ons­tech­niken wie die endosko­pische Submucosa und Mucosa­re­sektion, perkutane und endosko­pische Eingriffe an den Gallen­wegen und die Radio­fre­quenz­ab­lation (BARRX) verän­derter Schleimhaut in dem Ösophagus (Barrett) angeboten. Zudem das komplette Angebot der Funkti­ons­dia­gnostik der Speise­röhre (High resolution Manometrie, Impedanz Messung und PH-Metrie). Daneben besteht das ambulante Angebot der gastro­en­te­ro­lo­gi­schen Praxis Dr. Moog am MKH, die alle ambulant behan­del­baren gastro­en­te­ro­lo­gi­schen Erkran­kungen betreut. Hier ist der Schwer­punkt die Behandlung von chronisch entzünd­lichen Darmer­kran­kungen, Tumor­er­kran­kungen und Lebererkrankungen.

Die gastro­en­te­ro­lo­gische Klinik wird von Dr. Moog geleitet in enger Zusam­men­arbeit mit Frau Dr. Alp Bastian und Frau Schulz. Weitere ärztliche Mitar­beiter sind Frau Cherkasskaya, Frau Anak Agung, Herr Brodsky und Herr Naim. In den endosko­pi­schen Bereichen kümmert sich ein 20-köpfiges Team um das Wohlergehen der Patienten. (Text von Vera Glass)

Kontakt:
Praxis Dr. med. Gero Moog
Marienkrankenhaus Kassel
Marburger Straße 85, 34127 Kassel
T (0561) 99 85 678-0